Mittwoch, 16. Februar 2011

Sonntag Abend bei Anne Will

Ich besitze ja selber keinen Fernseher, und ich weiß sehr genau warum. Aber hin und wieder sitze ich bei Freunden und sehe mir, mal widerwillig, mal gerne, die ein oder andere Sendung an.
So kommt es, dass ich in letzter Zeit öfters mal die Talkshow von Anne Will mit erlebe.



Hier fällt mir immer wieder auf, das diese Sendung mit steter Regelmäßigkeit Themen zur Diskussion stellt, die von vornherein den vorgegebenen zeitlichen Rahmen völlig sprengen. Fast jedes Mal bleiben Fragen unbeantwortet und können - gerade gegen Ende der Sendung - haltlose Behauptungen in den Raum und in die Kamera geworfen werden, ohne dass noch eine Reaktion darauf möglich wäre.
Gerade weil ich so selten fernsehe, finde ich das schade. Ich erfahre ja nie, ob ein missinformierter Gesprächsteilnehmer vielleicht zu einer anderen Gelegenheit über seinen Irrtum aufgeklärt wurde.
Deshalb möchte ich an dieser Stelle Frau von der Leyen auf ein paar Fehler in ihrer Argumentation hinweisen, die so knapp vor dem Ende der Sendung am 13. Februar nicht mehr vor der Kamera berichtigt werden konnten.

Sehr geehrte Frau von der Leyen, die Beschäftigungssituation in Deutschland ist nicht besser als in den letzten Jahren. Ihre Statistiken sind auch nicht besser gefälscht als damals. Tatsächlich sind die Statistiken der Beschäftigungszahlen sogar so schlecht gefälscht, dass jeder Laie sie durchschauen kann.
Sie wissen es vielleicht nicht, aber ALG-Empfänger werden von der ARGE "Maßnahmen" zugewiesen, in denen sie sich "qualifizieren" sollen. Alle Teilnehmer solcher Maßnahmen erhalten statt des ALG ein Übergangsgeld, womit sie nicht mehr in die ALG-Zahlen fallen. Somit beziehen sie weiterhin Leistungen vom Staat. "Beschäftigt" sind sie dadurch aber nur, weil man sie davon abhält, mit ihrer Zeit etwas vernünftiges anzufangen. Die Maßnahmen sind oftmals so sinnvolle Seminare wie sechswöchige Bewerbertrainings, die von Mitzwanzigern durchgeführt werden, die sich in ihrem Leben etwa zweimal um einen Job beworben haben, die aber niemals für Personal verantwortlich waren, um somit Erfahrung in der praktischen Auswertung von Bewerbungsschreiben oder von Vorstellungsgesprächen zu haben. Was sie wissen, wissen sie aus Büchern oder evtl. aus einem ähnlichen Kurs, wie der den sie leiten.
Die Inhalte dieser Maßnahmen sind oftmals überholt. Der zeitliche Rahmen ist - anders als bei Anne Will - völlig überzogen. Die Vermittlung der Inhalte ist nicht zweitrangig, sondern völlig nebensächlich, da jeder Teilnehmer ungeachtet seines Lernerfolges ohnehin das gleiche Zertifikat ausgestellt bekommt, damit die ARGE zufrieden ist und bis zu 4000,-€ pro Teilnehmer an das ausführende Institut zahlt.
Ich bin mir sicher, würden Sie alle Teilnehmer an Maßnahmen zu den Arbeitslosen zählen, veränderte sich ihre Statistik erschreckend.
Aber ganz ehrlich, Frau von der Leyen, selbst wenn ich mich irre, und die Statistiken zu Beschäftigten- und Arbeitslosenzahlen nicht gefälscht sind...
Wenn es wahr ist, dass wir weniger Arbeitslose haben, als zu jedem beliebigen Zeitpunkt in den letzten 30 Jahren (das haben Sie gesagt!), warum ist dann nicht genug Geld in den Kassen des Sozialstaates, um den Menschen zu helfen, die diesen Sozialstaat im Moment gerade brauchen? Vor 30 Jahren ging das ja auch. Sogar noch vor 20 Jahren, als ich selbst 2 Jahre lang arbeitslos war.
Ich bin natürlich kein Fachmann in solchen Dingen. Aber ich vermute mal, dass die Arbeitnehmer, die "Beschäftigten", um beim Terminus zu bleiben, damals im Schnitt so viel verdient haben, dass sie ausreichend in die Sozialkassen des Staates einzahlten, dass wir es uns einfach leisten konnten, Gestrauchelte aufzufangen.
Heute ist das nicht so. Obwohl wir ja weniger Arbeitslose haben, als in den 80ern.
Vielleicht ist es ja doch mal an der Zeit, über einen Mindestlohn nachzudenken.

Ich jedenfalls wünsche mir, in einem Staat leben zu können, der mir wieder auf die Füße hilft, wenns mir mal schlecht geht.

>ped

1 Kommentar:

  1. Gut gesprochen.
    Die Arbeitslosen in derartige Maßnahmen zu stecken, dient tatsächlich keinem anderen Zweck als die Leute aus der Statistik zu bekommen.
    Ein Bekannter von mir hat ein abgeschlossenes Studium in Medieninformatik und musste einen zweiwöchigen Word-Kurs absolvieren. Komplette Zeitverschwendung, da er das Programm seit vielen Jahren benutzt. Die zuständigen Sachbearbeiter wollten das nicht wissen. Es geht dort nicht darum, jemanden fit für den Job zu machen. Es ist eine Beschäftigungsmaßnahme für die zuständigen Sachbearbeiter, eine Gelspritze für die bereitstellenden Unternehmen und eine gezielte beeinflussung der Statistik.

    Frau von der Leyen ist eine dumme Marionette, die sich genauso wie alle anderen konservativen Politiker von Lobbyisten-Buffet zu Lobbyisten-Buffet hangelt.
    Es wird Zeit, dass mehr Arbeitslose auf die Straße gehen, und gegen ihre Situation demonstrieren.

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