Donnerstag, 1. Dezember 2011

Weihnachten wird noch ein Wenig kälter

Kennt ihr schon den neuen Werbeclaim von MediaMarkt?
"WEIHNACHTEN wird unterm Baum ENTSCHIEDEN".

Da wird es offenbar: Jahrzehntelang haben wir uns der stupiden und – zugegebenermaßen – kindlichen Illusion hingegeben, bei Weihnachten ginge es lediglich um überteuerte Süßigkeiten, ausschweifenden Glühweinrausch, unerträglichen Kitsch und maßlose Völlerei. Mal abgesehen von der liebgewonnenen Tradition, unter dem Deckmantel einander eine Freude zu bereiten, die Wirtschaft – insbesondere den Einzelhandel – anzukurbeln.

Zum Glück kann das der große deutsche Elektrodiscounter jetzt berichtigen.
Bei Weihnachten handelt es sich tatsächlich um einen Wettstreit.
Es geht – wie auch im Sport – ausschließlich darum, zu gewinnen. Und gewinnen wird der, der das "geilste" oder zumindest das "teuerste" Geschenk auf den Gabentisch – Pardon – unter den Baum legt. Alle anderen werden dann verloren haben.

Ein wichtiges Zeitdokument sind sie, diese Plakate, die uns an allen Ecken ihre Botschaft aufdrängen. Ich bin mir sicher, diese weitere Phase in der Entwicklung der Weihnachtskatastrophe wird auch ihre Auswirkungen auf die Depressions-Statistik des diesjährigen und der nächstjährigen Feste haben. Wenn sich zu den einsamen Menschen, die an diesen drei Tagen noch weniger soziale Kontakte haben als im Rest vom Jahr, die geschmähten „Looser“ der Weihnachts-Entscheidung gesellen, die sich verzweifelt fragen, was sie falsch gemacht haben und ob sie überhaupt noch würdig sind, die gleiche Luft zu atmen wie die „Gewinner“.

Es gibt Tage, an denen ich die Welt, in der wir leben, wirklich verabscheue. Oder, wie Hagen Rether sagen würde: "Ich werde dann immer so müde."

Frohe Weihnachten!

>ped

1 Kommentar:

  1. Oh Mann, dieser Kommentar spricht mir wirklich aus der Seele. Und das sage ich als Werbefuzzi, der seit 15 Jahren Mitglied der Zunft ist, die für die Demontage eines in früheren Zeiten eigentlich schönen Feiertages verantwortlich zeichnet.
    Im Prinzip zeigt sich die fiese Fratze des Kapitalismus an Weihnachten am allerdeutlichsten. Es lässt sich praktisch gar nicht mehr verheimlichen, dass die Gesamtheit der menschlichen Ethik nur noch als vordergründiges Instrument benutzt wird, um die Umverteilungsmaschine am Laufen zu halten. Die Konsumenten hecheln in ihren Hamsterrädchen, um eines der schönsten Feste zugrunde zu richten - für die Kapitalgeber, denen es nur um %-Steigerungen geht.
    Dass dabei immer eine ganze Menge von Leuten auf der Strecke bleiben und sich als Verlierer fühlen dürfen, ist nicht nur geduldet, sondern eigentlich gewollt.
    Das Fest der Liebe wird durch einen eiskalten vorweihnachtlichen Leistungswettbewerb, der immer mehr in die Länge gezogen wird. Und wenn dieses ominöse Weihnachten dann da ist, hat niemand mehr Lust auf Emotion sondern will einfach nur drei Tage ausruhen. Was für ein Quark!
    Ich habe dieses Jahr beschlossen, Weihnachten zurückzuschrauben und mehr oder weniger zu boykottieren. Dummerweise hat niemand etwas davon gemerkt - nicht mal ich selbst, denn es ist schwer, sich dem zu entziehen, wenn alle anderen hektisch sind.

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